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Was ist ein Problem-Thema? Das klassische Matt Das Selbstmatt Das Hilfsmatt Übungstest

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Was ist ein Problem-Thema?

Zweifellos soll ein gutes Schachproblem mehr sein als ein schwieriges Rätselstück. Der Löser soll am Problem auch Gefallen finden, die Lösung soll das Schachspielerherz durch elegante Kombinationen und tiefgründige Strategie erfreuen. Was genau macht ein Problem zu einem guten Problem? Exakte Definitionen lassen sich nur schwer geben, die Bewertung ist natürlich oftmals subjektiv.

In der langen Geschichte haben sich viele verschiedene Themen herauskristallisiert, die manchmal nicht leicht zu erkennen sind. Solche Themen sollen hier vorgestellt werden, um dem zukünftigen Problemfreund einen Einblick in den Reichtum des Problemschachs zu geben. Ein erstes Beispiel soll den Start erleichtern:

C. C. W. Mann, De Amsterdammer, 1983
Matt in 4 Zügen

1. Da8! Kh6 2. Dh8+! Kg5 3. Dh1 und nun 3. ... f5 Dh4#, 3. ... Kf5 Dd5#, auf 1. ... f5 folgt 2. Dd8+ Kh6 3. Dh8+ Kg5 4. Dh4#, aber diese Variante ist für das Thema nicht wesentlich.

Die Pointe dieses Problems liegt offenbar darin, dass Weiß mit seiner Dame den größtmöglichen Marsch zurücklegen muss, der am Schachbrett möglich ist. Und das, obwohl in der Diagrammstellung Schwarz in Zugzwang wäre, denn auf jeden schwarzen Zug ist ein Matt vorbereitet.

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Das klassische Matt

Natürlich werden wir uns zunächst der ältesten und klarsten Form von Problemen zuwenden - dem klassischen Mattproblem. Die Themen sind hier am breitesten gefächert, und manche von ihnen sind überaus abstrakt. Für den Einstieg am angenehmsten, weil leicht zu durchschauen, sind Mattbilderprobleme:

Mattbilder

Besonders originelle Mattmotive sind im Partieschach ungemein selten und sorgen dort oft für große Bewunderung. Einer der Zwecke des Problemschachs ist es, schöne Mattbilder, die man in Partien niemals zu Gesicht bekommt, darzustellen. Die sogenannte "Böhmische Schule", die sich mit Mattbildern beschäftigt, war besonders in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts überaus beliebt und dominant, doch noch immer erfreuen ihre Probleme das Auge:

Angel Zlatanov, 1. Preis, Schachmatna misl 1955
Matt in 3 Zügen

1. Sg3! droht 2. Lh4! ~ 3. Se2, 1. ... e2 wird dann durch 2. Dh1+ Kf2 3. Se4# als Block genutzt, auf 1. ... Kf2 folgt 2. Df1+ Kxg3 3. Lf4#.

Hier sehen wir ein sehr schönes Beispiel für sogenannte Mustermatts. Solche Mattbilder wirken dadurch ästhetisch, dass die Figuren gut zusammenspielen und keine unnötigen Steine "in der Gegend herumstehen". Auch wird von einem Mustermatt - das auch Modellmatt genannt wird - gefordert, dass es keine Redundanzen bei der Felderdeckung gibt: jedes Feld um den schwarzen König soll nur einfach gedeckt sein.

Ein weiteres Beispiel mit Mustermatts soll auch den Begriff des "Echos" erklären: dabei handelt es sich um ein Mattbild, das in zwei oder mehreren Varianten auftaucht, allerdings räumlich verschoben.

Manfred Zucker, Deutsche Schachblätter, 1969
Matt in 4 Zügen

Das erste Mattbild ergibt sich nach 1. Se3! h4 2. Sxd5 Ka4 3. Sc3+ Ka3 4. Tb3#, nach 1. ... d4 2. Sc4+ Ka4 3. a3 ~ 4. Tb4# sehen wir das gleiche Mattbild wieder, allerdings eine Reihe nach oben verschoben.

Kombinationen auf Linien

Die böhmische Schule ist schon lange nicht mehr so beherrschend wie sie es schon einmal war. Sie wurde von strategischen Themen abgelöst.

Linien spielen im Schach eine große Rolle, wie man auch aus dem Partieschach weiß. Viele dort gängige Kombinationsmotive finden auf Linien statt, und auch das Problemschach steht da keineswegs nach:

Uri Avner, Canadian Chess Chat, 1980
Matt in 4 Zügen

Weiß würde gerne auf f2 oder g5 mit einem Springer mattsetzen, direkte Versuche, die störenden Bauern zu beseitigen, schlagen aber fehl: 1. Lxg3? Kxe3 2. Lf4+ Ke4 3. Sf2+ Lxf2 oder 1. Lxh6+? Kxe5 2. Lf4+ Ke4 3. Sg5+ Txg5. Geübte Problemlöser behalten nach diesen beiden Varianten sicher den Schnittpunkt c5 im Auge. Und tatsächlich: nach 1. La2!, was 2. Lg5+ Kxe5 3. Df4+ Ke6 4. c5# droht, ist Schwarz gezwungen, den weißen Bauern mit irgendeiner Figur auf c5 zu blockieren. Damit ergeben sich aber die beiden Varianten: 1. ... Tc5 2. Lxg3+ Kxe3 3. Lf4+ Ke4 4. Sf2# und 1. ... Lc5 2. Lxh6+ Kxe5 3. Lf4+ Ke4 4. Sg5#.

Die hier dargestellte Kombination bezeichnet man als "Grimshaw" (schon wieder einer dieser Begriffe aus dem Fachchinesisch, ohne die es leider auch im Problemschach nicht geht). Ein Turm und ein Läufer verstellen sich gegenseitig, sodass der Weiße die jeweilige Verstellung nutzen kann. Ein Beispiel für Motive auf Linien folgt hier:

Milan R. Vukcevich, 4. ehr. Erw., The Problemist, 1972
Matt in 3 Zügen

Diese Problem ist eine beeindruckende Mischung aus Kreuzschachs, Fesselungen und Entfesselungen. Unser Tipp: aufstellen und bestaunen. 1. De2! Txd4+ 2. Kf3+! Te4 3. Sf4# bzw. 1. ... Lxd5+ 2. Kf4+! Le4 3. d5#.

Fesselungen sind im Partieschach ein häufiges strategisches Motiv. Natürlich spielen sie auch im Problemschach eine wichtige Rolle, so auch hier: die schwarzen Figuren (Läufer und Turm) werden gefesselt, die weißen (Springer und Bauer) entfesselt. Auch das Motiv von zuvor sehen wir wieder: auf e4 führt der Turm-Läufer-Schnittpunkt zum Grimshaw. Und noch ein weiteres Motiv, das mit Linien zu tun hat, sehen wir: Kreuzschachs. Das sind Gegenschachs, wie hier Kf3+ und Kf4+.

Logik im Mehrzüger

Längere Probleme sind manchmal schwieriger, aber nicht immer. Durch systematische Vorgangsweise kann man sich das Leben oft erleichtern. Die meisten Mehrzüger sind in mehrere Pläne aufgeteilt, die schließlich zum Matt führen. Dabei beginnt man mit einem Probespiel, das aus einem bestimmten Grund noch nicht klappt, nach einem geschickten Manöver aber doch. Im folgenden amüsanten Problem könnten die wackeren Schimmel sofort mattsetzen, wenn nur der Sc2 nicht wäre. Um diesen abzulenken, muss der Weiße Drohungen aufstellen, die den Springer beschäftigen, um ihn auf ein schlechteres Feld - e4 - zu lenken. Dann erst triumphiert der Hauptplan.

Dieter Kutzborski, Schach Aktiv 5/2001, Nr. 2532
Matt in 12 Zügen

Nach dem Vorplan 1. Sh2+ Ke1 2. Sf4 Sb4 3. Sf3+ Kf1 4. Sh5! droht Matt auf g3. Daher muss Schwarz 4. ... Sa6+ 5. Kb7 Sc5+ 6. Kxa7 Se4 spielen, aber nun folgt: 7. Sh2+ Ke1 8. Sf4 Sc5 9. Sf3+ Kf1 10. Sd5 wonach Schwarz nur noch 10 ... e1D bleibt, mit der Folge 11. Sh2+ Ke2 12. Sf4#.

Es gibt natürlich auch hier einige Begriffe, die spezielle Mechanismen von Vorplänen beschreiben. Einer davon ist der "Römer", dessen Name von folgendem Problem herrührt, das dem Präsidenten des italienischen Schachbundes gewidmet war:

J. Kohtz und K. Kockelborn, Deutsches Wochenschach, 1905
Matt in 4 Zügen

1. De2? droht 2. Ld3 nebst 3. Dc2# - 1. ... Lg5! 2. Ld3 3. Lxe3, darum 1. Sd6! droht 2. Se4#, daher 1. ... Lxd6 und jetzt 2. Dc2 Lf4 3. exf4 Kxd4 4. De5#.

Weil das Probespiel scheitert, wird der Läufer auf ein Feld umgelenkt, auf dem seine Verteidigung schiefgeht (hier wird er einfach weggeschlagen).

Schemaprobleme

Als die Möglichkeiten im Zweizüger aufgrund dessen Kürze fast ausgeschöpft schienen, stieß man auf eine schier unerschöpfliche Quelle von Themen: das Buchstabenschema. Es beruht auf der Idee, mehrere Phasen (etwa Verführung und Lösung) eines Problems miteinander zu vergleichen. Was damit gemeint ist, soll durch folgendes Problem klar werden:

Jørgen Børner, 3. Preis, 162. Thematurnier der Schwalbe, 1979
Matt in 2 Zügen

1. Sc4? droht 2. Tb8 (A); 1 . ... 0-0-0 2. Tf8# (B), aber 1. ... Tc8!. 1. Sd7! droht 2. Tf8 (B), 1. ... 0-0-0 2. Tb8# (A). Auch auf 1. ... Kxd7 oder 1. ... Kd8 mattiert 2. Tf8#.

Den Zug Sc4? bezeichnet man als Verführung. Er funktioniert fast, scheitert jedoch knapp an einer einzigen schwarzen Parade. Vergleicht man die Antworten des Weißen auf den Zug 0-0-0, so stellt man fest, dass es sich jeweils genau um die Drohung der anderen Phase handelt. Diesen bemerkenswerten Zusammenhang bezeichnet man als "Le Grand-Thema". Es hat allgemein folgendes Schema:
1.V? droht 2.A; 1...x 2.B;
1.L! droht 2.B; 1...x 2.A
Aufgrund solcher allgemeinen Darstellungen bezeichnet man Aufgaben dieses Typs als "Schemaprobleme".

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Das Selbstmatt

Beim Selbstmatt verfolgt der Weiße ein seltsam anmutendes Ziel: er will den Schwarzen - gegen dessen Willen! - dazu zwingen, mattzusetzen. Diese Voraussetzung führt beinahe zwangsläufig zu eigenartigen Vorgehensweisen:

Wolfgang Pauly,4. Preis, Norwich Mercury, 1908
Selbstmatt in 4 Zügen

1. h8D! Falls Schwarz jetzt 1. ... Kc6 spielt, kann nun der Springer nach c4 gelenkt werden: 2. Df6+ Sxf6 3. d5+ Sxd5 4. Sxb4+ Sxb4#. Das alleine wäre nicht besonders viel, die Pointe kommt aber, wenn Schwarz sich zu 1. ... Ke6 entschließt: 2. c8L! Kd6 3. e8T+! Kc6 4. b8S+ Sxb8#.

Hier hat Weiß alle Hände voll zu tun, nur ja nicht selbst mattzusetzen, was ihn ja an seinem erklärten Ziel hindern würde. Deshalb muss er zu allen verschiedenen Umwandlungsfiguren greifen (weiße Allumwandlung in vier aufeinanderfolgenden Zügen).

Das Selbstmatt kann natürlich neben spezifischen Motiven auch Elemente enthalten, die dem direkten Matt entlehnt sind. So sind etwa Schemaprobleme, wie wir sie zuletzt betrachteten, auch im Selbstmatt üblich. Ein Beispiel dafür ist dieses:

Hartmut Laue,Spezialpreis, Schachmatna misl, 1980
Selbstmatt in 2 Zügen

1. Tb7! droht 2. Td2+ Kxd2#. 1. ... Sc5 2. De4+ 2. Sxe4#, 1. ... Se5 2. Df3+ Sxf3#. Auf 1. ... Tb2 folgt 2. Dxb5+ Txb5#.

Hier sehen wir sogenannte Satzspiele. Wenn Schwarz am Zug wäre und zu 1. ... Sc5 greift, folgt das Selbstmatt durch 2. Df3+ (A). Ebenso käme auf 1. ...Se5 2. De4+(B). In der Lösung ändert sich das: es folgen dieselben weißen Züge auf dieselben Paraden, allerdings reziprok vertauscht, und sogar mit unterschiedlichen Matts des weißen Königs.

Auch Logik kommt im Selbstmatt nicht zu kurz. Hier können wir Österreicher uns glücklich schätzen, mit Camillo Gamnitzer einen absoluten Meister zu haben.

Camillo Gamnitzer, 1. ehr. Erw., The Problemist, 1996-1998
Selbstmatt in 5 Zügen

1. Lg1? droht 2. Sxf5+ Dxg1/Df2 3. Db6+ axb6#, scheitert aber an 1. ... Dh3!. Darum 1. Db8! droht 2. Sxc6+ Kxc6 3. Db7+ Kd6 4. Lc5+ Kxc5 5. Db6+ axb6#, 1. ... Dxg5 2. Lg1! Dh6! 3. Df8+! Dxf8 4. Sb5+ Kxc4 5. Txb4+ Dxb4#.

In diesem originellen Selbstmatt versteckt sich die schwarze Dame im Probespiel vor der Pflicht des Mattsetzens, wird aber durch den Vorplan gezwungen, sich im Stile eines Römers auf einem schlechteren Feld zu verstecken, was von Weiß zum eigenen Matt ausgenutzt wird.

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Das Hilfsmatt

Im Hilfsmatt zeigt man sich kooperativ, was meist zu wesentlich anderen Themen als im direkten Matt oder im Selbstmatt führt. Groteske Versuche, etwa bestimmte Schemaprobleme ins Hilfsmatt zu übertragen, kann man eher als gescheitert betrachten. Wenn sich Themen im klassischen Matt wie im Hilfsmatt finden, dann sind sie meist formaler oder geometrischer Natur, wie der von König und Dame beschriebene vierzackige Stern, der hier in den vier verschiedenen Lösungen (Mehrfachlösungen sind im Hilfsmatt sehr häufig, da man ansonsten ja keine Varianten erzeugen kann) gezeigt wird. Man beachte auch die Echomatts, ein Motiv, das wir bereits aus dem direkten Matt kennen.

Fadil Abdurahmanovic, 1. Preis, Mat, 1973
Hilfsmatt in 3 Zügen (4 Lösungen)

I. 1. Kf5 Kg8 2. Kg6 Lf4 3. Lf4 Df5 Th6#
II. 1. Df1 Lg3 2. Kf3 Le1+ 3. Kg2 Tg3#
III. 1. Db1 Lg3 2. Kd3 Le5+ 3. Kc2 Tc2#
IV. 1. Db5 Lb8 2. Kd5 Td3+ 3. Kc6 Td6#

Natürlich gibt es im Hilfsmatt auch spezifische Themen, wie etwa den sogenannten Hilfsmattinder, der im folgenden brillianten Problem gleich doppelt gezeigt wird:

Fadil Abdurahmanovic & bernd ellinghoven, Schach Aktiv 10/2000, Nr. 2445
Hilfsmatt in 8 Zügen (Weiß beginnt)

1. ... Ld7 2. Td6 Lg4 3. Kd5 Kd3 4. Kc6+ Ke4 5. Td8 Kf5 6. Kd7 Kg6 7. Ke8 Lh5 8. Ld7 Kg7#

Beim Hilfsmattinder überschreitet eine Figur ein Feld, auf dem sie dann verstellt wird, um die Überquerung durch den König zu ermöglichen. Anschließend wird die Linie wieder geöffnet. Hier findet dies in der d-Linie und in der Diagonale c8-h3 statt, einmal bei Weiß, einmal bei Schwarz. Dass so ein langzügiges Hilfsmatt ohne Nebenlösung funktioniert, ist schon fast als Wunder zu bezeichnen, derartige Probleme sind äußerst selten.

Als letztes Hilfsmatt-Beispiel sei das folgende Motiv des Platzwechsels gezeigt: die beiden weißen Springer tauschen im Laufe der Lösung ihre Positionen. Auch Mattbilderfreunde kommen voll auf ihre Kosten - es ergibt sich ein bildhübsches "Idealmatt", also ein Mustermatt, bei dem alle am Brett befindlichen Figuren mitwirken.

Jenö Bán, Preis, 136. Thematurnier der Schwalbe , 1964
Hilfsmatt in 4 Zügen

1. Te8+! Sfe7 2. Kd4 Sh4 3. Ke3 Seg6 4. Te4 Sf5#.

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Übungstest

Um das Gelernte nun auch anwenden zu können, sei hier eine kurze Zusammenstellung von Übungsaufgaben gegeben, bei deren Lösung der geschätzte Leser das gewonnene Wissen anwenden kann, empfehlen wir unseren geschätzten Lesern, sich den folgenden Übungstest anzusehen.

Wenn Sie Ihr Wissen über Problemschach noch weiter vertiefen wollen, so empfehlen wir Ihnen die regelmäßige Teilnahme bei einem Löserwettbewerb in einer der zahlreichen Schachzeitschriften wie dem österreichischen Schach-Aktiv.

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Last update: 09-02-2005